Nachdem ich meinen Sohn Weihnachten nicht gesehen habe, schrieb ich ihm nach den Feiertagen diese Postkarte mit meinen Glückwünschen …
Lieber B.,
ich wünsche Dir ein gesundes neues Jahr und dass 2019 alles für dich bereit hält, was du dir wünscht. Wie geht’s Dir? Wie war es nach den Ferien wieder in die Schule zu kommen? Bei mir hat die Arbeit wieder mit Volldampf angefangen.
Melde dich doch bei mir, wenn du Lust hast mich zu sehen und etwas mit mir zu machen: Kino, Boulderhalle, Spielen … oder was dir sonst noch einfällt … oder einfach nur gemütlich vor dem Kamin sitzen und dem Feuer zuschauen ….
Ich hab dich lieb und denke jeden Tag an dich
Liebe Grüße
Dein Papa
Vier Wochen später erzählte meine Exfrau in einer gemeinsamen Mediationssitzung triumphierend, wie mein Sohn mit der Karte zu ihr kam und ihr sagte: „Schau mal Mama, schlimm … der Papa hat dich beleidigt … “ Sie fragte ihn, wie er darauf käme? Er soll ihr geantwortet haben „Schau mal, er schreibt etwas über einen Kamin … du wolltest doch auch schon immer einen Kamin haben …“
Als ich das hörte blieb mir kurzfristig die Spucke weg. Aber so funktioniert eben „Entfremdung“ … meinem Sohn (8) nehme ich das nicht übel. Er ist ein Rädchen in der „Entfremdungsmaschinerie“. Er funktioniert nur als loyaler Mitspieler meiner Exfrau … und wird so von ihr mißbraucht …
Und so funktioniert es:
Bevor ich und meine neue Partnerin die neue Wohnung bezogen, schaffte ich es mal, mit meinem Sohn die leere Wohnung mit besagtem Kamin zu besichtigen. Das war Monate vorher.
Die Informationen über meine neue Wohnung mit Kamin trug mein Sohn nach Hause zu seiner Mutter. Sie muss sich in dem Moment schlecht deswegen gefühlt haben, enttäuscht darüber, dass ich jetzt einen Kamin habe, den sie sich immer so sehr gewünscht hat. Das war in unserer gemeinsamen Zeit. Auch ich hatte mir schon immer einen Kamin gewünscht, doch wir hatten das in unseren gemeinsamen Jahren aus finanziellen Gründen immer wieder verschoben…
Ob sie diese negativen Gefühle direkt bei seiner Erzählung zuhause ihm gegenüber rausgelassen hat oder ihre Gedanken erst später meiner Tochter (12) gegenüber geäußert hat, weiß ich nicht.
Es entsteht eine Kette, bei der früher oder später ein vom Absender (mir) wohlgegemeinter, liebevoller Gedanke umgewidmet wird, entwertet und mit bösen Absichten unterlegt wird. Vielleicht hat am Ende dann meine Tochter meinen Sohn darüber „aufgeklärt“ dass das mit dem Kamin nur als „Beleidigung von Mama“ verstanden werden kann. Und er hat es dann wieder zurück zu ihr getragen …
Und zu guter Letzt bekomme ich dann diese verquere Umdeutung vorgeworfen … und nicht mal direkt, sondern über Bande “ … unser Sohn hat gesagt ….“