Überraschung …

Während der letzten Mediation hatten wir vereinbart, dass mein Sohn in den großen Ferien eine Woche Urlaub mit mir macht, aber nur unter der Bedingung, dass ich ihn an jedem Abend nachhause bringen würde, damit er zuhause schlafen könnte. Eine konkrete Woche, in der das Ganze möglich wäre, konnte mir meine Exfrau nicht benennen.

Am Tag der Zeugnisse telefoniere ich morgens kurz mit meinem Sohn. Er sagt mir, dass er mit mir Zelten gehen will. Am besten sofort. Das kommt in dem Moment vollkommen unerwartet, aber ich freue mich riesig darüber, auch wenn ich dafür meine ganze Urlaubsplanung über den Haufen schmeißen muß:

Die erste Ferienwoche hatte ich als einzigen Urlaub geplant und wollte mit Lenka zu ihren Eltern nach Tschechien fahren.

Wir beschließen, dass ich sie am Wochenende nach Tschechien bringe, Sonntag alleine wieder zurückfahre, bis Dienstag arbeite, Dienstag nachmittag meinen Sohn abhole, mit ihm Zelten fahre, ihn Sonntag abend zurückbringe, bis Mittwoch arbeite und anschließend wieder nach Tschechien fahre, um dort ein verlängertes Wochenende zu verbringen.

Nach dem Telefonat mit meinem Sohn bestelle ich sofort Zelt, Luftmatratze, Schlafsack und allerhand Campingausrüstung wie Geschirr, Besteck und Beleuchtung …

Amazon, lass mich nicht im Stich!!! Der Dienstag kommt. Es ist alles da, außer meiner Luftmatraze. Grrrrr….

Ich hole meinen Sohn wie vereinbart am Nachmittag vom Hort ab und fahr mit ihm nochmal kurz ins Büro in der Hoffnung, dass meine Luftmatratze mittlerweile angekommen ist. Er hatte bisher, trotz einiger Gelegenheiten noch nie einen Fuß ins Büro gesetzt. Die nächste Überraschung! Er begleitet mich tatsächlich ins Büro. Ich stelle ihm einige Mitarbeiter vor, die ihn nett begrüßen. Einige kennen ihn noch von früher. Er schüttelt Hände. Keine Luftmatratze. Egal.

Endlich gehts los …. ein sonniger Nachmittag … wir fahren im Auto Richtung Altmühltal, er sitzt neben mir, auch nicht selbstverständlich. Wir hören kurz etwas Musik, dann schmeissen wir eine CD ein. Es ist das Hörspiel, dass er mitgebracht hatte: Burg Finsterstein. Nach einer halben Stunde erfülle ich ihm seinen Wunsch. Er darf Starwars Heroes auf meinem Handy spielen, für dass er sich bisher nicht interessiert hatte. Wir einigen uns vorher auf ein zeitliches Limit, dass er freiwillig einhält. Mein Sohn 😉 … Bis wir unser Ziel, einen Campingplatz in Solnhofen erreichen, unterhalten wir uns noch etwas.

Es sind mehrere alte Gebäude, eine alte Mühle, mit einem Gasthaus, einem Biergarten und einer großen Wiese zum Zelten, direkt am Fluss, eingewachsen von Bäumen und Büschen und jeder Menge Brennnesseln. Um dorthin zu kommen, müssen wir mit dem Auto erst eine kleine, schmale Brück überqueren.

Wir suchen uns ein schönes Plätzchen zwischen zwei Zelten, am Rand der Wiese unter großen Bäumen und schlagen dort unser Lager auf. Ein in die Erde eingelassener Betonring dient als Feuerstelle, eine verwaiste Parkbank nehmen wir in unsere Obhut. Dann schleppen wir die Sachen vom Auto quer über die Wiese zu unserem Platz und bauen zusammen das frisch gekaufte Zelt auf. Klar, dass das dauert. Kurze Zeit habe ich mich darauf vorbereitet unter freiem Himmel schlafen zu müssen – ohne Luftmatratze …
Schließlich kriegen wir es doch hin, verstauen alles im Zelt und schlendern nach vorne zum Biergarten und bestellen uns an der Theke etwas zu essen. Er Käsespätzle, ich fränkische Bratwürste mit Kartoffelsalat. Wir bekommen einen Summer mit und können es kaum erwarten, so hungrig sind wir. Jedesmal wenn es am Nachbartisch „brummt“ zucken wir erwartungsvoll zusammen, Endlich sind wir an der Reihe. Wir lassen es uns richtig schmecken. Es ist schon dunkel geworden. Zurück am Zelt weihen wir die Feuerschale ein und füttern sie mit dem Holz, dass ich von Opa Jedda aus Tschechien mitgebracht habe. Schnell flackert ein lustiges Feuerchen vor unserem Zelt. Für die nächsten Tage wird das zu unserem täglichen Ritual. Das Feuer wärmt, ist gemütlich, man kann in die Flammen gucken und es vertreibt die Mücken. Dann geht es ab in die Heia. Mein Sohn verteilt die batteriebetriebenen Glühbirnen im Zelt und wir schlüpfen in unserer Schlafsäcke.

Wir liegen dicht beisammen, mümmeln uns in die Schlafsäcke und unterhalten uns noch etwas. Nach kurzer Zeit schlafen wir ein. Es ist relativ kühl, doch in den Schlafsäcken bleiben wir schön warm. Ich schlafe auf einer gefühlt höchstens 3mm starken Gymnastikmatte, die ich mir als Luftmatrazenersatz mitgebracht hatte. Ich war mir fast sicher, dass ich die einzelnen Grashalme und das kleine Getier dazwischen spüren könnte. In der Nacht regnet es. Ich wache auf und bin erstmal steif wie ein Brett. „Guten Morgen ….. Ahhhh… mein Rücken… Doofes Amazon …. Aua ….“
Egal, kämpfe mich dann aus der vermutlich für Kleinkinder konzipierten Zeltöffnung und begrüsse zusammen mit meinem Sohn den regnerischen Tag. Doch kein Problem, wir hatten vorgesorgt und uns gestern schon überlegt, was wir bei Regen machen wollten. Kurze Morgentoilette am anderen Ende der Anlage, dann fahren wir zu einem Bäcker im Ort frühstücken und anschließend nach Treuchtlingen zur Altmühlterme, ideal für Regentage. Es gibt mehrere Becken, einen Sprungturm, mehrere Rutschen und das Wasser ist schön warm.

Wir spielen im Wasser, schwimmen ordentlich ein paar Bahnen, machen Blödsinn mit den Schwimmnudeln, springen vom Sprungturm. Für mich gibt es da maximal das 3m Brett. Und dann zeigt mir mein Sohn, wie er vom 5-Meter-Brett springt. Ich bin baff. Und dann sehr stolz auf ihn. Immer wieder filme und fotografiere ich seine Sprünge. Viele ältere Jungs trauen sich gar nicht und klammern sich ängstlich an das Geländer. Mein Sohn geht an ihnen vorbei und springt wagemutig drauf los. Auf dem Rückweg zum Auto spielen wir „Ich sehe was was du nicht siehst“ – im höchsten Schwierigkeitsgrad. So in etwa „Kleine Papierschnipsel, die in den Sträuchern liegen“ u.a.

Wir fahren danach nach Nürnberg um meine mittlerweile im Büro eingetroffene Luftmatratze abzuholen. Wir kaufen etwas Mehl und Hefe für das Stockbrot, das wir am Abend machen wollen. Dann besuchen wir noch den Lindwurm, ein kleines Spielwarengeschäft. Wir kaufen ein Federballspiel, ein Taschenmesser zum Schnitzen und ein Buch „Huckleberry Finn´s Abenteuer“. Bin gespannt ob das schon etwas für ihn ist.

Von da an lese ich ihm jeden Abend daraus vor. Auch spielen wir in jeder freien Minute Federball. Am Anfang stellen wir uns noch etwas ungeschickt an, gegen Ende schaffen wir lange Ballwechsel mit über 40 Schlägen.

Am nächsten Tag fahren wir Kanu – auf dem vermutlich längsten See Deutschlands – wie die Altmühl aufgrund ihrer wenig reißenden Strömung genannt wird. Aufgrund meines Gewichts – ich sitze hinten und mein Sohn vorne – muss ich ziemlich viel paddeln, während mein Sohn mit dem Bug des Kanus „etwas“ in der Luft hängt. Aber wir machen uns einen Spaß daraus, die Leute trotzdem zu überholen. Am Ziel angekommen, sind wir beide erschöpft. Wir trinken eine kühle Schorle und fahren mit dem Zug wieder zurück zum Zeltplatz. Lagerfeuer, Stockbrot und Bratwürste vom Grill.

Am Freitag fahren wir zur Rosenburg und sehen uns eine Falkenshow an. Es gibt nicht nur Falken zu sehen, sondern alle anderen Arten von Raubvögeln, die man sich vorstellen kann: Geier, Adler und Eulen. Wir essen im Burghof und fahren dann weiter zum Kristallmuseum. Dort schlendern wir durch die Ausstellung. Wissbegierig bleibt er an vielen Vitrinen stehen. Er löst auch die Quizaufgaben, die wir am Eingang mitbekommen haben. Er interessiert sich sehr für die Wirkung der Kristalle und die Bedeutung für die Sternzeichen. Ich schenke ihm die Steine, die eine Verbindung mit seinem Sternbild haben. Auch für seine Schwester suchen wir einen passenden Stein aus. Direkt beim Museum gibt es eine Minigolfanlage, die wir besuchen. hab ich ewig nicht mehr gespielt. Gaudi.

Danach fahren wir ein paar Kilometer zur Sommerrodelbahn. Dort gibt es auch eine Quad-Fahrbahn. Im ersten Moment bin ich skeptisch. Informiere mich, dann ist klar, wir können beide fahren. Und wir fahren. Helm auf und los. Staub, knatternde Motoren und ein holpriger Rundkurs. Es macht so Spaß!! Dann geht’s wieder zurück nachhause – zu unserem Zelt. Komisch, dass man das schon nach kurzer Zeit so empfindet.

Wir bekommen langsam Routine: Duschen, Lagerfeuer, Grillen, Stockbrot, Federball, Huckleberry Finn, Heia ….

Neben unserem Zelt steigt der Lärmpegel, es ist 11 und mein Sohn ist schon eingeschlafen. Es wird gesungen und gelacht. Hm, soll ich mich beschweren? Bin unschlüssig, weil ich es eigentlich nett finde. Schäle mich trotzdem aus dem Zelt und komme näher. Aus der Gruppe erhebt sich jemand und kommt auf mich zu. Ein junger Mann bittet mich mich mit dazu zu setzen und drückt mir ein Bier in die Hand. Unsere Nachbarn, eine zwanzigköpfige Gruppe ist wie sich herausstellt eine Familie – Brüder, Schwestern, Cousins und Cousinen und Partnern die sich einmal im Jahr treffen um miteinander einen Kurzurlaub zu verbringen. Es ist ein wirklich netter Abend.

Nun ist es schon Samstag, der Tag vor unserer Abreise. Am Morgen tröpfelt es etwas und wir beschließen nochmal zur Therme zu fahren. Am Nachmittag ist es wieder schön und wir verbringen den Nachmittag mit Federballspielen.

Sonntag. Heute geht’s wieder nach Hause. Wir bauen zusammen das Zelt ab. Während ich die obere Plane zusammenfalte, macht sich mein Sohn an den noch eingespannten Zeltstangen zu schaffen. Dabei springt eine der Stangen aus der Lasche heraus, genau Richtung Auge. Er hält sich das Auge und fängt zu weinen an. Ich bin sehr erschrocken, versuche mir nichts anmerken zu lassen. Ich spreche ruhig mit ihm und untersuche sein Auge. Er hat Glück gehabt. Die Stange hat sein Auge nur knapp verfehlt und nur den Rand erwischt. Wir gehen über den Platz zu den Waschräumen und kühlen sein Auge. Er beruhigt sich. Wir packen dann fertig und fahren nach Nürnberg zurück. Es ist ein heißer Tag. Wir sind zu früh dran und setzen uns in die Sonne, um etwas zu essen und zu trinken. Anschließend spazieren durch den Park, machen nochmal Halt beim Schnäpperschütz und trinken dort eine Limonade. Dann gehen wir zur Wohnung zurück und holen die Sachen aus dem Auto.

Seine Mutter und meine Tochter sind noch nicht zuhause. Wir warten eine Zeit lang vor dem Tor. Mein Sohn wird langsam nervös. Ich habe die Vermutung, dass ihn die Vorstellung eines Aufeinandertreffens zwischen mir und meiner Exfrau und meiner Tochter zunehmend stresst. Wir ziehen uns in ein Lokal nebenan zurück und ich sage ihm dass wir solange warten, bis sie Zuhause sind.

Kurze Zeit später kann ich ihn nachhause bringen.

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